Optimierung von Instandhaltungsstrategien bei unscharfen Eingangsdaten
Alle technischen Anlagen unterliegen in ihrem Lebenszeitraum einem schädigenden Prozess. Dieser kann erheblich in seiner Intensität variieren und auch in seiner Erscheinungsform. Der Prozess kann z. B. als Verschleiß, Korrosion, Ermüdung oder Alterung auftreten.
Instandhaltung – schädigende Prozesse kontrollieren
Die Prozesse haben z. T. dieselben Ursachen und treten oftmals nicht getrennt voneinander auf, sondern bilden einen Schädigungskomplex. Diese schädigenden Prozesse weitgehend zu verhindern ist eine technisch und finanziell anspruchsvolle Aufgabe, die in den allermeisten Fällen auch nicht erstrebenswert ist.
Sinnvoller ist es, die schädigenden Prozesse kontrolliert zulassen. Das heißt, durch Instandhaltung wird die technische Anlage in einem Zustand erhalten, dass sie eine gewisse Zeit die schädigenden Prozesse aushält, ohne auszufallen. Diese Aufgabe der Instandhaltung kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden. Hierbei sind vor allem die Wartung und Schmierung, die Inspektionen, die vorbeugenden Instandhaltungsmaßnahmen und die Erneuerung zu nennen.
Notwendigkeit der Instandhaltung
Die Schwierigkeit der Aufgabe besteht nun darin, so viel Instandhaltung wie nötig und notwendig zu betreiben, damit die technische Anlage nicht ausfällt, zugleich aber nur die Instandhaltung zu betreiben, die erforderlich ist, um die Anlagen funktionstüchtig zu erhalten und die finanziellen Ausgaben zu minimieren. Dieses Problem gilt es im Besonderen bei der Instandhaltung von Kraftwerken zu lösen. Auf der einen Seite soll das Kraftwerk eine hohe Verfügbarkeit haben, das heißt, dass das Kraftwerk jeder Zeit nach Bedarf einsatzbereit sein soll und nicht durch eine Störung ungeplant ausgefallen ist.
Dies ist wichtig, weil Strom ein Gut ist, das nur begrenzt speicherfähig ist, z. B. in Pumpspeicherwerken, Batterien und durch Elektrolyse in Wasserstoff, und in dem Moment der Nachfrage erzeugt werden muss. Ein Leistungsausfall eines Kraftwerks muss durch die Leistung eines anderen Kraftwerks ersetzt werden. Weil nur wenige eigene Kraftwerke im Verbund in Reserve stehen, muss jede nicht von dem Kraftwerk produzierte Leistung teuer an der Strombörse zugekauft werden, was für den Kraftwerksbetreiber einen entgangenen Gewinn bedeuten kann. Die zunehmenden Investitionen in die regenerativen Kraftwerksanlagen und die bevorzugte Einspeisung der regenerativen Energie führen dazu, dass sich konventionelle Anlagen auf Grund der geringeren Laufleistung nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen.
Dies und der Ausstieg aus der nuklearen Stromerzäugung in Deutschland führt in einigen Regionen, wie z. B. im Norden und Süden der Republik, zu einer Verknappung jederzeit verfügbarer Kraftwerkseinheiten. Auf der anderen Seite soll aber auch nur das notwendige Geld für Instandhaltung aufgewendet werden, weil für viele Maßnahmen der Instandhaltung das Kraftwerk nicht in Betrieb sein darf und die Stillstandszeit zu einem erheblichen finanziellen Verlust führt Die langfristigen planmäßigen Stillstände sind besser terminlich vorhersagbar und planbar so dass die Ersatzleistung an Strom günstiger als in einem ungeplanten Stillstand beschafft werden kann. allerdings lässt sich Strom auch in einem geplanten Stillstand nicht produzieren und damit sind Erträge nicht erzielbar.
Angepasste Instandhaltung – Reaktion auf Abnutzungserscheinungen
Ein weiteres Problem ist, dass man mit der geplanten Instandhaltung Geld im Vorhinein in eine technische Anlage investiert und damit im besten Fall einen Ausfall oder eine Störung vermeidet. Das heißt, einen Erfolgsabgleich investiertes Geld zu erzieltem Erfolg ist sehr schwer durchzuführen. Bei Kraftwerken kommt noch ein weiterer Faktor mit hinzu. Wenn ein Kraftwerk geplant und gebaut ist, sind viele Kosten kaum noch beeinflussbar (sunk costs). So ist das Kraftwerk für ein Brennstoffband ausgelegt, auf dessen Kosten man nur in engen Grenzen Einfluss hat.
Die Anzahl des Betriebspersonal ist bei neu projektierten Kraftwerken kaum zu verringern. Ein großer Ausgabeposten ist die Instandhaltung. Dieser Etatposten ist kurzfristig leicht zu verändern, allerdings sind die langfristigen Folgen durch ungeplante Ausfälle nur schwer abzuschätzen, diese können bei den Kraftwerksbetreibern jedoch zu erheblichen Ertragsausfällen führen . In den letzten Jahren sind durch verschiedene Faktoren, z. B. durch Zubau von erneuerbaren Energien, wie Wind- und Solarenergie, und Entscheidungen, wie die bevorzugte Einspeisung der erneuerbaren Energien, im Bereich der Energieversorgung die Kohlekraftwerke mehr und mehr aus dem Grundlastbetrieb in den Mittellastbetrieb bzw. in den Spitzenlastbetrieb verdrängt worden. Insofern bewegt man sich bei all diesen Entscheidungen in einem Feld mit großen Unsicherheiten.
Im Grundlastbetrieb hat ein Kohlekraftwerk Jahresbenutzungsstunden von gut 7000 Stunden mit wenigen Starts und Stopps im Jahr. Ein Mittellastkraftwerk hat dagegen Jahresbenutzungsstunden von rund 4000 bis 5000 Stunden mit durchschnittlich einem Start und Stopp. Durch die Verschiebung der Kohlekraftwerke von Grund- in Mittellast ändern sich auch die Abnutzungserscheinungen zum Teil erheblich. Auf die verändernden Abnutzungserscheinungen muss mit einer angepassten Instandhaltung reagiert werden . Diese Anpassung hat aber vor allem in den Anfangsjahren noch eine ungenügende Datendichte, um die besten Strategien zu ermitteln.